Wie Venedig ist auch Amsterdam ein künstliches Gebilde. Menschlicher Fleiß und Phantasie haben die Stadt dem nassen Element abgelistet. Wie die Venezianer haben auch die Amsterdamer keinen festen Boden unter den Füßen, sondern eine Moorschicht. Wer auf diesem Boden ein Haus bauen will, muß seit eh und je zwanzig Meter lange Baumstämme einrammen, bis auf eine tragfähige Sandschicht. Auch das Fundament des Königlichen Schlosses auf dem Dam, im Mittelpunkt der Stadt, steht auf Pfählen. Jedes Schulkind weiß, wie viele es sind. Es gibt dazu eine"Eselsbrücke": Vor die Tage des Jahres wird eine 1 gesetzt, dahinter eine 9. Das macht 13659 Pfähle.

Das Amsterdamer Rathaus - fast schon ein königlicher Palast.

Da der Himmel wieder aufklarte und das Wetter schöner wurde gingen wir ins Hotel zurück um uns umzuziehen. Die Sonne kam heraus und in den jetzigen Klamotten wurde es uns zu warm. So zogen wir uns etwas luftigeres an, aber dann konnten wir uns nicht entscheiden: Sollten wir mit dem Bus durch die Stadt fahren und irgendwo in der Mitte aussteigen, oder mit der Strassenbahn, oder mit einem der vielen Ausflugsboote? Letzendlich entschieden wir uns zu Fuss durch die Stadt zu schlendern. Siehe Bilder weiter unten nach dem Text.

Ein bisschen Stadtgeschichte

Die erste Siedlung im Bereich des heutigen Amsterdam entstand an der Amstel, einem kleinen Fluß. Sie gab der Stadt auch den Namen. Lange Jahre wohnten nur ein paar Fischer auf der Sandbank im sumpfigen Delta der Amstel. Im Mittelalter erkannten tüchtige Kaufleute die großartige Lage Amsterdams als Drehscheibe des Warenverkehrs zwischen Übersee und Europa und beschlossen, auf dem morastigen Boden eine Stadt anzulegen. Ein Blick auf den Amsterdamer Stadtplan zeigt, mit welcher mathematischen Präzision sie vorgingen. Die Kreise der Grachten teilen die halbmondförmige Stadt in immer größere Ringe ein.

Wie weiter oben erwähnt entschieden wir uns zu Fuss die Stadt zu besichtigen. Gleichwohl eine Bootsrundfahrt auch ihre Reize gehabt hätte beliessen wir es dabei. So waren wir näher am Puls des Geschehens und Treibens.

Weiteres über Amsterdam:

Die schönsten von ihnen sind die Heren -, die Keizers - und die Prinsengracht. Hier ließen sich die Reichsten und Vornehmsten nieder. Ihre schnell verdienten Millionen investierten sie in prächtigen Herrenhäusern. Amsterdams Innenstadt ist das schönste Spiegelbild des "Gouden Eeuw", des goldenen Zeitalters Hollands, als die Bewohner der kleinen Nordseerepublik die bedeutendste Seefahrer - und Händlernation Europas waren. Auf den Bildern der alten Meister sind sie in Öl verewigt, die reichen Mijnheren von Amsterdam. Pfeifeschmauchend sitzen sie rosig und schlau mit dicken Silberketten auf dem Bauch in ihren gemütlichen Kachelstuben. Doch sie hatten ein weites Herz für die Kunst. Die großen niederländischen Meister, Frans Hals, Verrneer, Ruysdael, verdanken ihre Aufträge Amsterdamer Mäzenen. Der Begijnhof, ein besonders romantischer Winkel, erinnert am stärksten an das Amsterdam der holländischen Maler. Hinter den mit Mullgardinen verhängten Fenstern sitzen noch heute alte Mütterchen mit ihren traditionellen Käppchen und Klöppeln - wie auf einem Bild von Frans Hals.

Amsterdam galt schon immer als eine der tolerantesten Städte Europas. Heute ziehen seine beiden fortschrittlichen und liberalen Universitäten Studenten aus der ganzen Welt magisch an. Zu Rembrandts Zeiten ließen sich Tausende aus Spanien und Portugal vertriebene Juden in der Stadt der Grachten nieder. Sie gaben ihrer neuen Heimatstadt auch einen hebräischen Namen - Makum. Amsterdam wurde das "Jerusalem des Nordens". Rembrandt hat in einem Haus im Judenviertel gewohnt. Das Viertel gibt es immer noch. Aber es wirkt leer und ausgestorben. Der größte Teil der jüdischen Bevölkerung Amsterdams endete in den Gaskammern der Hitlerzeit. Amsterdams jüdische Bürger machten die Stadt auch zu einem der Diamantenzentren der Welt. In einer Amsterdamer Schleiferei wurden die englischen Kronjuwelen verarbeitet, erhielt der "Kohinoor" den letzten Schliff. Wer will, kann noch heute zusehen, wie Rohdiamanten gesägt und gespalten, geschliffen und poliert werden.

Hier befinden wir uns mitten in der Innenstadt Amsterdams und zwar dort, wo mal kein Wasser rauscht oder ein Ausflugsboot über den Platz fährt.
Zwischendurch noch Weiteres über die Stadt:

Im 17. Jahrhundert galt Amsterdam unbestritten als erste und reichste Handelsstadt der nördlichen Hälfte Europas. Hier wurden die Reichtümer aus den Kolonien angesammelt. 1622 zählte die Stadt schon über 100000 Einwohner. Doch auf die goldenen Jahrhunderte folgte der Niedergang. Allmählich versandete die Zuidersee, das "Friesische Meer", das Hollands Hauptstadt mit der See verband. Inzwischen verwandelt sie sich durch die großartige Anstrengung einer ganzen Nation in Land, das das übervölkerte Holland so dringend braucht. Damals aber bedeutete ihr Versanden Amsterdams Ruin. Erst Ende des letzten Jahrhunderts erwachte die Stadt wieder zum Leben. Durch den Nordseekanal bekam sie einen neuen Zugang zur See.

Hier befinden sich Jeanette und ich in einer Seitenstrasse der Altstadt. Rechts davon sind wir schon wieder inmitten des Zentrums. Es gibt in Amsterdam kaum Autos in der Stadt. Die meisten fahren mit dem Rad. Auch wir waren schon am Überlegen, ob wir nicht auch einmal ein Rad mieten sollten. Doch schnell gaben wir diesen Plan wieder auf angesichts der Massen an Rädern hier. Und schon gleich gar nicht mit dieser Kleidung.

Links zu sehen das Amsterdamer Nationaltheater. Rechtes Bild: Das Wachsfigurenkabinett von Madame Tussaud.

Anmerkung: In diesem Kabinett befinden sich Figuren, die selbst in Wachs noch Grösseres geleistet hätten, als die jetzige deutsche Bundesregierung. So, das musste auch mal gesagt werden.

Noch ein wenig Geschichte über Amsterdam:

Handel und Wandel florieren heute in Amsterdam wie einst. Dafür gibt es tausend andere ungelöste Fragen. Der Amsterdamer Boden ist nie zur Ruhe gekommen, er lebt und bewegt sich. Seine Bewegungen übertragen sich auf die Fundamente der Häuser in der Altstadt, die teilweise vier Meter unter dem Meeresspiegel liegt. Die Straßen sind zu schmal und zu eng für die Bedürfnisse einer modernen Großstadt. Hinter der Romantik der Backsteinfassaden und alten Ulmen, die sich in den Grachten spiegeln, lauert der Verfall. Viele Häuser werden nur durch Stützbalken wie mit Krücken aufrecht erhalten. 5000 Gebäude stehen unter Denkmalschutz. Aber die Behörden sind machtlos, wenn ein Privatmann das renovierungsbedürftige Haus so verkommen lässt, dass es abgerissen werden muss und an seiner Stelle ein seelenloser Neubau entsteht. Die Amsterdamer kämpfen verzweifelt um ihre schöne Stadt. Selbst die Tatsache, dass sie in den engen Straßen weitgehend auf Autos verzichten müssen, nehmen sie mit Humor hin. Sie sind Radfahrer aus Leidenschaft. Vor den Büros und Geschäften parken sie in Sechserreihen.

Im Hintergrund das Amsterdamer Friedens-Institut und rechts zu sehen der berühmte Vondelpark in welchem sich junge Leute sonnen und vergnügen.

Die 500.000 Amsterdamer Fahrräder sind eine harte Nuss für die Polizei der Hauptstadt. Sie weiß nicht mehr wohin mit den vielen verlassenen Rädern. Die Bewohner der "Stadt der 1000 Inseln" sind sich einig, dass bald etwas zur Rettung von Amsterdam geschehen muss. Einstweilen steht nur noch nicht fest, wer das bezahlen soll. So kommt es, dass die Stadt eigentlich nur zweimal im Jahr den märchenhaften Bildern der großen Maler gleicht: im Frühling, wenn Blumen und Grün das Stadtbild zu verzaubern beginnen, und im Winter, wenn die Grachten zufrieren und groß und klein auf Schlittschuhen über die Kanäle laufen.

Hier einmal eine Grossaufnahme von uns beiden im Tulpenfeld.
Linkes Bild: Die Magnaplaza - rechts das Magnakaufhaus von Innen.
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