Einfahrt in den Bahnhof von Odessa. Zunächst schien er ziemlich trostlos zu wirken. Da war kaum Publikum zu sehen. Aber von wegen trostlos, plötzlich war Leben auf dem Bahnsteig.
Also mit unserem Zug waren diese Teenager nicht gekommen,
die warteten sicher auf ihren eigenen Zug oder auf Besuch.

Sicher, wir hätten auch nach Odessa fliegen können, aber wir entschieden uns für die Bahn. Es war dennoch eine angenehme und bequeme Fahrt, da wir ohnehin ein Erster Klasse Abteil hatten. Froh waren wir aber dennoch, als wir endlich Odessa erreicht hatten. Nur gut, dass wir uns nicht mehr um ein Hotel Sorgen machen mussten, denn dieses hatte ich ja von Kiew aus schon vorbestellen lassen. Allerdings mussten wir vor dem Bahnhof etwas warten auf den Hotelfahrdienst. Normalerweise ist dieser Service pünktlich, vielleicht war er aber durch den Verkehr etwas aufgehalten worden. Er entschuldigte sich sehr höflich für die Verspätung.

Vor dem Bahnhof warteten wir auf den Hotelfahrdienst.

Nun waren wir also in Odessa angekommen. Die Stadt liegt ca. 30 km nördlich der Mündung des Flusses Dnister und ca. 440 km südlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Trotzdem war die Zeit mit der Bahn relativ schnell vergangen. Odessa ist mit rund 1.000.000 Einwohnern die wichtigste Hafenstadt der Ukraine am Schwarzen Meer. Die Geschichte der Stadt ist traditionell von vielen Völkern und Konfessionen geprägt. Die Mehrheit der Einwohner bilden allerdings die Ukrainer mit 57 Prozent . Außerdem leben in der Stadt 34 Prozent Russen, sowie Juden, Rumänen (Moldauer), Griechen, Deutsche, Franzosen, Araber, Türken, Armenier, Georgier und weitere Bevölkerungsgruppen. Nach Schätzungen leben mehr als 130 Nationalitäten in der Stadt. Odessa gehört zu den ukrainischen Gebieten, in denen Russisch sehr verbreitet ist. Insgesamt geben 63 Prozent der Einwohner die russische Sprache als Sprache des Alltags an. Die gemeinsame Bezeichnung der Einwohner nennen sich Odessiten. Im Selbstbild findet sich als stärkstes Element die Weltoffenheit, eine Eigenschaft, die sich aus der Lage an der Nahtstelle zwischen Orient und Okzident ergibt. Die Stadt liegt auf Hügeln, von denen man wie von Terrassen auf den kleinen Hafen im Schwarzen Meer sehen kann.

Der Chauffeur rief nach dem Hoteldiener, um unser Gepäck abzuholen.
Eine Suite die mir rein gar nicht gefiel. Das musste geändert werden.

Mit unserer reservierte Suite war ich ganz und gar nicht zufrieden. Daran änderte auch der Begüßungstrunk der Hotelleitung nichts. Natürlich konnte der Waiter, also der Kellner, nichts dafür. Als er gegangen war begab ich mich mit Lena nach unten an die Reception, denn sie musste mir übersetzen. Dort machte ich - allerding in höflichem Ton, meinem Unmut über die von Kiew aus reservierte Suite etwas Luft. Denn ich hatte eine Luxus Suite reservieren lassen. Als Antwort bekam ich zu hören, dass von einer solchen Suite keine Rede gewesen wäre. Man habe vom InterConinental aus Kiew keine weitere Anweisung erhalten, lediglich soviel, dass nur eine Suite auf den Namen Litmanen reservieren werden sollte. Ich ließ dann höflich durchblicken, dass, sollte ich nicht sofort eine andere Suite bekommen, ich das Hotel wechseln werde. Zufälligerweise kam der Hotelmanager an die Reception und hörte den Wortwechsel mit. (Er stammte aus Kiew, wie ich später erfuhr, und natürlich kannte er die Firma Litmanen).

Auf Russisch sagte er etwas flüsternd zu der Dame, die die Reservierung entgegengenommen hatte, ob man ihr nicht gesagt habe, wer Herr Litmanen ist? Der Mann ist Multi-Milliardär und gibt sich sicher nicht mit einer gewöhnlichen Suite zufrieden. (Lena übersetzte mir das alles und starrte mich mit großen Augen wie einen Geist an. Sicher, sie wusste, dass ich wohl ein gutsituierter Mann sein muss, aber dass ich Multi-Milliardär war, dass wusste sie nicht. Was ich unbedingt vermeiden wollte, nämlich, dass ich Multi-Milliardär war, hatte dieser Hotelmanager ausgeplaudert. Ich hätte ihn dafür erwürgen können). Die Dame verneinte seine Frage. In fließendem Deutsch wandte er sich dann an mich und entschuldigte sich für den Fehler.

"Mein Herr, selbstverständlich wird das Missverständnis sofort beseitigt". Er führte uns anschließend in zwei der teuersten noch freien Suiten und ließ mir die Wahl, welche meinem Geschmack entsprach. Ich fragte Lena, welche Suite sie haben wolle. Sie flüsterte, nunmehr etwas sehr verlegen, dass eine reichen würde. "Dann sparst du Geld, Mister'MGB'. Man muss das Geld ja nicht gerade aus dem Fenster werfen - auch wenn man Multi-Milliardär ist, was ich bisher ja nicht wusste. Ich dachte so bei mir, sicher ist er ein reicher Geschäftsmann, aber gleich Multi-Milliardär"? Ich musste grinsen. Dann bat ich darum uns eine Suite zu geben mit einem großen Wohnzimmer. "Auch das ist möglich, Herr Litmanen" beeilte er sich zu sagen. "Und sollten sie besondere Wünsche haben, melden sie sich an der Reception, ich werde dort alles veranlassen". Der Hundert-Euroschein als Trinkgeld verfehlte seine Wirkung nicht und so verschwand er (der 100 Euro-Schein) mit einer leichten Verbeugung diskret in seiner Tasche. (Na also, geht doch). Aber nicht so bei Lena. "Mister 'MGB', fünfzig hätten auch gereicht" flüsterte sie, "denn das ist in der Ukraine viel Geld". (Dieses Frauchen wurde mir immer symphatischer).

Ok, wohin marschiert Frau zuerst nach langer Reise? Na klar, ins Badezimmer.

Es ist von jeher bekannt, dass Frauen im Badezimmer fast zwei Stunden, wenn nicht noch mehr, verbringen. Eine Stunde in der Wanne und eine vor dem Spiegel. Und so musste auch ich mich gedulden, bis Lena aus dem Bad kam. Nun ja, bei Männern geht das schneller, trotz sie keine Katzenwäsche machen. Natürlich schauen auch sie in den Spiegel, allerdings mehr wegen dem Rasieren. Man möchte ja nicht aussehen, Clochard. Den restlichen Tag verbrachten wir, nachdem wir uns einen kleinen Snak heraufbringen ließen, im Zimmer, soll heißen, wir ruhten uns erst einmal richtig aus, um am nächsten Tag frisch und ausgeruht zu sein für einen Stadtbummel.

Nein, ich habe ihr nicht zugeschaut. Habe lediglich ein Bildchen gemacht.
Ich denke, dieses Bild muss man nicht näher kommentieren.

Man sagt, dass Odessa die schönste Stadt der Ukraine ist. Besonders schön ist die Altstadt. Traditionell sind die Einwohner in Odessa eine bunte Mischung aus verschiedenen Völkern.Die Innenstadt besteht aus vielen, alten, zum Teil sehr verfallenen Häusern. Die Stadt besitzt einen riesengroßen Hafen. Gleich daneben gibt es einen richtig schönen Sandstrand.

Eine der berühmtesten Sehenswürdigkeiten Odessas ist die Potemkische Treppe die von der Altstadt zum Hafen führt und die wir am heutigen Tag neben anderen Sehenswürdigkeiten besuchten. Obwohl Ukrainisch die offizielle Amtssprache ist wird in Odessa fast ausschließlich Russisch gesprochen. Die Fremdsprachenkenntnisse der Einwohner sind leider sehr überschaubar, dass es manchmal nicht einfach ist, sich als Ausländer zu verständigen. (Nicht umsonst hatte ich Lena engagiert. Dass sich daraus einmal Liebe entwickeln würde, konnte keiner von uns beiden ahnen). Da sage noch mal einer, Jung und Alter passen nicht zusammen. Ich war ja nicht alt, sondern lediglich reifer geworden. Ausserdem trennten mich von Lena nur 20 Jahre. Und überdies gibt es viele junge Frauen die eben auf ältere, reifere Männer stehen. Nicht, dass Lena sich in mich wegen des Geldes verliebt hatte, nein, sie wusste gar nichts von meinem Reichtum. Den hatte sie erst durch den Hotelmanager erfahren, dem alten Schwätzer. Aber dies nur am Rande. Auf jeden Fall ist Odessa eine tolle Stadt und eine Reise wert.

Leger gekleidet machten wir einen Bummel durch die Stadt.
Eine der berühmtesten Sehenswürdigkeiten Odessas ist die Potemkische Treppe

Die von der Innenstadt zum Hafen führende 142 m lange Treppe ist perspektivisch gebaut: Dadurch dass sie unten mit 21,7 Meter viel breiter ist als oben (13,4 Meter), sieht sie – von oben betrachtet – auf der gesamten Länge gleich breit aus. Von unten betrachtet wirkt sie durch die perspektivische Bauweise hingegen wesentlich länger. Dort steht auch die Kanone des englischen Schiffs Tigris, das während des Krimkriegs sank. Neben der Treppe befindet sich eine Zahnradbahn zur Überwindung der Höhendifferenz. Dieses Verkehrsmittel ist heute nach langer Pause wieder in Betrieb.

Vor der Kanone des englischen Schiffs Tigris, das während des Krimkriegs sank.
Die Potemkische Treppe von oben mit Blick auf den Hafen von Odessa.

Im Opernhaus Odessa (Teatr operi ta baletu) finden Opern- und Ballettaufführungen statt. Es wurde 1884–1887 vom damals im mitteleuropäischen Theaterbau führenden Wiener Büro Fellner & Helmer erbaut, inzwischen jedoch wegen Bodensenkungen mehrfach verändert. Hier fragte ich Lena, ob sie sich für Opern interessiere? Ich selbst interessierte mich nicht dafür, wäre allerdings Lena zuliebe mal in die Oper gegangen. Innerlich schnaufte ich auf als sie antwortete: "Nein, Mister 'MGB'. Nicht dass ich kein Interesse an solchen Aufführungen hätte, aber Opern sind - jedenfalls für mich, langweilig und verstehen tut man auch nichts". Dennoch bin ich mit ihr später doch in die Oper gegangen. Aber das war in Lissabon.

Ich warf ihr einen (nicht sichtbaren) dankbaren Blick zu, der alles Mögliche hätte bedeuten können, falls sie ihn dennoch gesehen hätte. Dann marschierten wir um die Oper herum, um auch die herrliche Fontaine zu sehen. Anschließend kamen wir wieder ins Zentrum.
Nach einem langen Tag bummelten wir über eine Seitenstrasse zurück ins Hotel.
Endlich wieder "Zuhause", soll heißen an unserem Hotel.

An diesem Abend hatten wir keine Lust mehr auszugehen und begaben uns daher auf die Hotelterrasse. Lena ließ mich liebevoll an ihrem Eis schlecken. Auf meine Frage, ob sie nicht auch Lust hätte im Pool zu schwimmen meinte sie, dass das noch Zeit hätte. Im Übrigen wollte sie mit mir später mal den berühmten Strand in Odessa besuchen und dort werde sie auch schwimmen - aber nur mit Dir, Mister 'MGB', lachte sie.

Etwas später lernten wir einen Geschäftsmann kennen, der mir aber eher als ein Playboy vorkam, wie mir die viele weibliche Gesellschaft um ihn herum zeigte. Wir kamen ins Gespräch, in dessen Verlauf sich herausstellte, dass er Morgen beabsichtigte mit seiner Yacht eine Fahrt übers Mittelmeer zu unternehmen. Ich weiß nicht, ob es weibliche Intuiton war, denn Lena war dieses Angebot nicht ganz geheuer. Hätte ich doch auf sie gehört. Ich fragte sie, was dagegen sprechen würde mit dem Mann auf dessen Einladung auf seiner Yacht mitzufahren? "Ich weiß nicht so recht Mister 'MGB', aber hast Du seine Blicke gesehen, wie er mich dauernd inspiziert. Der zieht mich ja jetzt schon nackt aus mit seinen Blicken. Schau Dir doch mal den Harem an, den er um sich hat. Vielleicht ist es auch Einbildung, ich kann mich täuschen. Doch meist läßt mich mein erstes Gefühl nicht im Stich". "Hm, Lenamädchen, vielleicht ist es wirklich Einbildung", meinte ich. Aber sie sollte recht behalten mit ihrer Vermutung.

Den Abend ließen wir auf der Hotelterrasse ausklingen.
Ausflug mit Enttäuschung.