Die fünf Bücher Mose
  
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Der Auserwählte des Herrn
Isai, der Vater Davids, wird gerufen.

Der Herr sprach zu Samuel: "Wie lange willst du Leid tragen um Saul, den ich doch verworfen habe, daß er nicht mehr König sei über Israel ? Fülle dein Horn mit Öl und gehe hin. Ich will dich zu Isai in Bethlehem senden, denn ich habe einen von seinen Söhnen zum König ersehen." Samuel tat, was ihm der Herr gesagt hatte. Als er nach Bethlehem kam, da erschraken die Ältesten der Stadt und sprachen: "Bedeutet dein Kommen Heil?" Er sprach: "Ja. Ich bin gekommen, dem Herrn zu opfern. Macht euch bereit und kommt mit mir zum Opfermahl!" Er segnete Isai und seine Söhne und lud sie zum Opfermahl. Als sie kamen und er den Eliab sah, dachte er: "Dies ist gewiß der Auserwählte des Herrn."

Keiner der zwölf Söhne Isais war der Auserwählte des Herrn. Aber sein dreizehnter Sohn: David.
Der herbeigerufene junge David vor Samuel.

Aber der Herr antwortete: "Schaue nicht auf sein Aussehen und seinen hohen Wuchs; ich will ihn nicht. Gott sieht nicht auf das, worauf der Mensch sieht. Der Mensch sieht auf den äußern Schein, der Herr aber auf das Herz." Da rief Isai den Abinadab und ließ ihn vor Samuel treten. Der aber sprach: "Auch diesen hat der Herr nicht erwählt." Dann ließ Isai den Saroma vortreten. Aber Samuel sprach: "Auch diesen hat der Herr nicht erwählt." So ließ Isai seine sieben Söhne vor Samuel treten. Aber Samuel sprach zu Isai: "Der Herr hat diese nicht erwählt." Dann fragte er: "Sind das alle deine Söhne?" Isai antwortete: "Es fehlt noch der jüngste, David. Er hütet die Schafe." Samuel sprach zu Isai: "Sende hin und ihn holen, denn wir werden uns nicht zum Mahle setzen, bis er da ist." Da sandte er hin und ließ ihn holen. David war ein rotblonder Jüngling mit schönen Augen und von guter Gestalt. Der Herr sprach zu Samuel: "Auf! Salbe ihn, denn er ist es!" Da nahm Samuel das Ölhorn und salbte David inmitten seiner Brüder. Der Geist des Herrn kam über David und blieb auf ihm von jenem Tage an.

David begegnet Saul, dem König

Der Geist des Herrn wich von Saul, und ein böser Geist, von Gott gesandt, quälte ihn. Da sprachen die Diener zu Saul: "Sieh doch ein böser Geist quält dich. Gebiete nur; deine Knechte sind bereit, nach einem Mann zu suchen, der sich gut versteht aufs Saitenspiel. Wenn dann der böse Geist über dich kommt, so soll er spielen; dann wird es besser werden mit dir." Saul sprach zu seinen Dienern: "So sucht einen Mann, der gut Laute spielen kann, bringt ihn zu mir." Da erwiderte einer der Diener: "Ich habe einen Sohn des Isai von Bethlehem gesehen, der sich aufs Saitenspiel versteht; ein tapfer, Mann und streitbar, der Rede mächtig und schön von Gestalt, und der Herr ist mit ihm." Da sandte Saul Boten an Isai und ließ ihm sagen: "Sende mir deinen Sohn David, der bei den Schafen ist." Da nahm Isai zehn Brote, einen Schlauch Wein und ein Ziegenböcklein und sandte es an Saul durch seinen Sohn David. So kam David zu Saul und trat in seinen Dienst. Saul gewann David sehr lieb und machte ihn zu seinem Waffenträger. Saul sandte zu Isai und ließ ihm sagen: "Laß David doch bei mir bleiben, denn er gefällt mir wohl." Denn wenn der böse Geist über Saul kam, nahm David die Laute und spielte; dann ging es Saul besser, und der böse Geist wich von ihm.

David spielt Harfe für den oft schlecht gelaunten König Saul.
Wer sollte sich trauen gegen diesen Hünen anzutreten?

Goliath stellte sich hin und rief den Reihen Israels zu: "Warum habt ihr euch zum Kampf aufgestellt? Bin ich nicht ein Philister, und ihr seid Knechte Sauls ? Erwählt einen Mann und schickt ihn zu mir herab! Wenn er mit mir kämpft und mich erschlägt, so wollen wir eure Knechte sein; bin ich aber ihm überlegen und erschlage ihn, so sollt ihr unsere Knechte sein und uns dienen." Er fügte hinzu: "Ich fordere heute die Reihen Israels heraus! Stellt mir einen Mann, daß wir miteinander kämpfen!" Als Saul und ganz Israel diese Worte des Philisters hörten, verzagten sie und fürchteten sich sehr. Jeden Morgen und jeden Abend stellte sich der Philister auf und forderte die Israeliten heraus, vierzig Tage lang. David hörte es. Alle Männer Israels flohen vor dem Mann, als sie ihn sahen, und fürchteten sich sehr. Ein Israelit sprach: "Habt ihr den Mann gesehen, der da heraufkommt? Israel zu verhöhnen kommt er herauf. Wer ihn erschlägt, den will der König sehr reich machen und ihm eine Tochter geben, und seines Vaters Haus will er steuerfrei machen in Israel." Da fragte David die Männer, die bei ihm standen: "Wer ist dieser Heide, dieser Philister, daß er das Heer des lebendigen Gottes verhöhnen darf?" Eliab, sein ältester Bruder, hörte ihn mit den Männern reden. Er geriet in Zorn über David: und sprach: "Warum bist du herabgekommen? Wem hast du die paar Schafe in der Wüste überlassen ? Ich kenne deine Vermessenheit und deinen schlimmen Sinn; nur um den Kampf zu sehen bist du herabgekommen." David antwortete: "Was habe ich denn nun getan? Man wird doch ein Wort reden dürfen?" Er wandte sich einem anderen zu und fragte ihn das gleiche; die Leute sprachen wieder von der Belohnung. Als bekannt wurde, was David gesagt hatte, hinterbrachte man es Saul, der David holen ließ.

Goliath fordert die Israeliten heraus
David besiegt Goliath mit einer Steinschleuder.

David ging ab und zu von Saul weg, um seines Vaters Schafe in Bethlehem zu hüten. Seine drei ältesten Brüder waren Saul in den Krieg gefolgt. Da sprach Isai zu seinem Sohne David: "Nimm doch für deine Brüder von dem gerösteten Korn und diese zehn Brote und bringt sie deinen Brüdern ins Lager. Die zehn Käse da bringst du dem Obersten und schaust, wie es deinen Brüdern geht." Da machte sich David in der Morgenfrühe auf und überließ die Schafe einem Hirten. Dann ging er hin, wie Isai ihm geboten hatte. Er kam zum Lager, als sich das Heer in Schlachtordnung aufstellte und man das Kriegsgeschrei erhob. Israel und die Philister stellten sich auf, Schlachtreihe gegen Schlachtreihe. Da übergab David sein Gepäck dem Troßwächter und lief zur Schlachtreihe. Er fand seine Brüder und begrüßte sie. Während er mit ihnen redete, kam gerade Goliath, der Vorkämpfer, aus den Reihen der Philister herauf und führte die gewohnten Reden.

David bietet sich zum Kampf an
David und Goliath

Nun sammelten die Philister ihr Heer zum Kriege. Sie kamen in Socho zusammen und lagerten sich bei Ephes-Dammim. Saul aber und die Männer Israels kamen zusammen, lagerten sich im Tale Ela und rüsteten sich zum Kampfe gegen die Philister. Die Philister standen am Berge jenseits, die Israeliten am Berge diesseits, so daß ein Tal zwischen ihnen war. Da trat aus den Reihen der Philister ein Vorkämpfer hervor mit Namen Goliath, aus Gath, sechs Ellen und eine Spanne hoch. Er hatte einen ehernen Helm auf dem Kopf und war mit einem Schuppenpanzer angetan, dessen Gewicht fünftausend Lot Erz betrug. Er hatte eherne Schienen an den Beinen und einen ehernen Wurfspieß trug er auf den Schultern. Der Schaft seines Speeres war wie ein Weberbaum. Die Spitze seines Speeres wog sechshundert Lot Eisen, und der Schildträger schritt vor ihm her.

David sprach zu Saul: "Mein Herr, lasse den Mut nicht sinken! Ich, dein Knecht, werde hingehen und mit diesem Philister kämpfen." Saul sprach: "Du kannst nicht zu diesem Philister hingehen und mit ihm kämpfen, denn du bist ein Knabe; er aber ist ein Kriegsmann von Jugend auf." Da sprach David zu Saul: "Dein Knecht hütete seines Vaters Schafe. Kam nun ein Löwe oder ein Bär und trug ein Schaf weg von der Herde, so lief ich ihm nach, erschlug ihn und und riß es ihm aus dem Rachen; erhob er sich aber gegen mich, so ergriff ich ihn beim Barte und schlug ihn tot. Den Löwen wie den Bären hat dein Knecht erschlagen; diesem Heiden, dem Philister, soll es ebenso ergehen, weil er das Heer des lebendigen Gottes verhöhnt hat." Weiter sprach David: "Der Herr, der mich aus der Tatze des Löwen und des Bären errettet hat, wird mich auch aus der Hand dieses Philisters erretten."

Da sprach Saul zu David: "Gehe hin! Der Herr wird mit dir sein!" Saul zog David seine eigene Rüstung an; er setzte ihm einen ehernen Helm auf den Kopf und legte ihm einen Panzer um. Dann gürtete er David sein Schwert um über der Rüstung, und David versuchte zu gehen. Er konnte es aber nicht und sprach zu Saul: "Ich kann darin nicht gehen, denn ich bin nicht daran gewöhnt." David legte alles wieder ab. Er nahm seinen Stecken in die Hand, suchte sich fünf glatte Steine aus dem Bach und legte sie in die Hirtentasche, die er mit sich trug. Dann nahm er die Schleuder zur Hand und trat dem Philister entgegen. Der Philister näherte sich David immer mehr, während der Schildträger vor ihm her schritt. Als der Philister David sah, verachtete er ihn, weil er noch ein Knabe war, ein rotblonder Jüngling von schöner Gestalt. Der Philister sprach zu David: "Bin ich denn ein Hund, daß du mit einem Stecken zu mir kommst?" Er fluchte David bei seinem Gott. Dann sprach er zu David: "Komm nur her, so will ich dein Fleisch den Vögeln des Himmels und den Tieren des Feldes geben!" David aber sprach zu dem Philister: "Du kommst zu mir mit Schwert, Speer und Wurfspieß; ich aber komme zu dir im Namen des Herrn der Heerscharen, des Gottes des Heeres Israels, das du verhöhnt hast. Heute wird dich der Herr in meine Hände liefern. Ich werde dich erschlagen und dir den Kopf abhauen. Ich werde heute die Leichname des Philisterheeres den Vögeln des Himmels und den Tieren des Feldes geben, damit alle Welt erkenne, daß Israel einen Gott hat und diese ganze Heerschar erfahre, daß der Herr nicht durch Schwert und Speer den Sieg schafft; denn des Herrn ist der Krieg. Er wird euch in unsere Hände geben!"

Als sich der Philister aufmachte und auf David losschritt, lief David auf den Philister zu. David griff mit der Hand in die Tasche, nahm einen Stein heraus, schleuderte ihn und traf den Philister auf die Stirn, so daß ihm der Stein in die Stirne drang und er auf sein Angesicht zur Erde fiel. So überwand David den Philister mit Schleuder und Stein. Er traf den Philister und tötete ihn, ohne daß er ein Schwert zur Hand hatte. Dann lief er hin, trat zu dem Philister, nahm dessen Schwert und schlug ihm damit den Kopf ab. Als die Philister sahen, daß ihr Held tot war, flohen sie. Die Männer Israels machten sich auf, erhoben das Feldgeschrei und verfolgten die Philister durch das ganze Tal bis an die Tore von Ekron.

David schlägt Goliath mit dessen Schwert den Kopf ab.

Erschlagene Philister lagen am Wege von Saaraim bis nach Gath und Ekron. Da kehrten die Israeliten von der Verfolgung der Philister um und plünderten ihr Lager. David aber nahm den Kopf des Philisters und brachte ihn nach Jerusalem; seine Waffen aber legte er in sein Zelt. Als Saul sah, wie David dem Philister entgegen ging, sprach er zu dem Feldhauptmann: "Wessen Sohn ist denn der Knabe?" Abner sprach: "So wahr du lebst, König, ich weiß es nicht." Da sprach der König: "So frage, wessen Sohn der Jüngling ist." Als David nach dem Siege über die Philister zurückkam, nahm ihn Abner und führte ihn vor Saul, den Kopf Goliaths in der Hand. Saul sprach zu ihm: "Wessen Sohn Bist du, Knabe ?" David sprach: "Der Sohn deines Knechtes Isai aus Bethlehem."

Sauls Eifersucht

Saul nahm David an jenem Tage mit in seinen Palast und ließ ihn nicht mehr in seines Vaters Haus zurückkehren. Jonathan, Sauls Sohn, liebte David wie seinen eigenen Bruder und schloß Freundschaft mit ihm. Als David nach dem Sieg über die Philister heimkehrte, zogen aus allen Städten Israels die Frauen singend und tanzend dem König Saul entgegen, mit Handpauken und Zimbeln. Die tanzenden Frauen sangen: "Saul hat Tausende erschlagen, David aber Zehntausende." Da ergrimmte Saul sehr und sprach: "Wenn sie David für zehnmal besser halten als mich, wird er bald das Königtum für sich verlangen!" Von jenem Tage an beneidete Saul David.

Mit Handpauken und Zimbeln aus allen Städten Israels zogen die Frauen singend und tanzend dem König Saul entgegen.

Am folgenden Tag, als David wie üblich die Laute spielte, kam ein böser Geist über Saul. Er nahm einen Speer, schleuderte ihn auf David und dachte: "Ich will David an die Wand spießen." David aber wich dem Speer aus. Saul fürchtete sich vor David, denn er wußte, dass der Herr mit ihm war; von Saul jedoch gewichen. David aber hatte Glück auf aller Wegen und war bei ganz Israel beliebt. Saul sprach zu David: "Hier ist meine ältere Tochter Merab, die will ich dir zur Frau geben; nur führe die Kriege für mich." Saul wollte nämlich David nicht mit der Hand töten und hoffte, daß er im Kampf mit den Philistern umkommen werde.

David aber antwortete Saul: "Wer und was ist meine Familie, daß ich des Königs Schwiegersohn werden könnte ?" Als aber die Zeit kam, da Merab dem David gegeben werden sollte, da gab Saul sie dem Adriel von Mehola zur Frau. Aber Michal, Sauls jüngere Tochte, hatte David lieb. Als Saul das hörte, war es ihm recht. Er dachte nämlich, daß er David durch ihre Liebe in eine Falle locken und vernichten könnte. Da ließ er David holen und sprach: "Heute wirst du mein Schwiegersohn und die jüngere Tochter heiraten." Zu seinen Knechten aber sprach er: "Redet heimlich mit David und sagt, daß der König Gefallen an ihm hat, weil er bei allem Volke beliebt ist. Es ist daher nur recht, wenn er des Königs Schwiegersohn wird."

David heiratet Sauls Tochter

Als David dies hörte, sprach er: "Ich bin zu arm und gering, um des Königs Tochter zu heiraten." Die Dienerberichteten dies Saul, und er sprach: "Sagt David, daß der König keinen Brautpreis will als den Tod von hundert Philistern, um an den Feinden des Königs sich zu rächen." Als David dies hörte, war er zufrieden, denn er wollte sehr gerne des Königs Schwiegersohn werden. So machte er sich auf, zog mit seinen Leuten hin und erschlug zweihundert Philister. Saul gab ihm Michal zur Frau. Als aber Saul sah und erkannte, daß der Herr mit David war, und daß ganz Israel ihn liebte, da fürchtete er sich noch mehr vor David. So wurde Saul Davids Feind für alle Zeit.

Michal beobachtet David von ihrem Fenster aus.

Saul redete zu seinem Sohn Jonatha und zu allen seinen Dienern davon, Dávid zu töten. Aber Jonathan ging zu seinem Freund und sprach: "Mein Vater Saul will dich töten. Darum geh und verstecke dich. Morgen früh werde ich hinausgehen und neben Vater treten auf dem Felde, wo du bist und will mit meinem Vater von dir reden. Was ich erfahre, das will ich dir berichten." Am nächsten Tage redete Jonathan zu Davids Gunsten und bat ihn, seine Hände nicht mit unschuldigem Blut zu beflecken. Da hörte Saul auf Jonathan und versprach, daß David nicht sterben solle. Nun rief Jonathan David aus seinem Versteck und führte ihn zu Saul. Für einige Zeit war wieder alles gut. Als der Krieg gegen die Philister von neuem ausbrach, zog David zum Kampfe aus und erschlug sehr viele von ihnen. Da kam wiederum ein böser Geist über Saul. Als Saul mit dem Speer in der Hand da saß, während David die Laute spielte, versuchte er David zu töten. David aber floh und entkam. In jener Nacht sandte Saul Boten zum Hause Davids. Diese sollten ihm auflauern und ihn am Morgen töten. Michal aber, Davids Frau, verriet es ihm und sprach: "Wenn du nicht heute nacht fliehst, wirst du morgen umgebracht." Michal ließ ihn durch das Fenster hinab.

Als aber die Boten abermals kamen, da lag niemand im Bett.

Dann richtete sie das Bett, sodaß es aussah, als liege David darin und schlafe. Als Saul Boten sandte, David zu holen, sprach Sie: "Er ist krank". Saul aber sandte die Boten abermals hin, um nach David zu sehen. Er sprach: "Bringt ihn mitsamt dem Bette zu mir herauf, daß ich ihn töte". Als aber die Boten kamen, da lag niemand im Bett. Da sprach Saul zu Michal: "Warum hast du mich so betrogen und meinem Feind zur Flucht verholfen?" Michal erwiederte: "Er sprach zu mir: 'Laß mich gehen, oder ich töte dich.'" David aber floh zu Samuel nach Rama.

David und Jonathan

David verließ Rama, kam zu Jonathan und sprach: "Was habe ich getan, daß dein Vater mir nach dem Leben trachtet?" Jonathan sprach: "Ich will alles tun, was in meiner Macht steht, um dich zu retten. Mein Vater tut nichts, ohne es mir zu sagen. Ich will mit ihm von dir sprechen und dir berichten, was er sagt. Wenn ich nun merke, daß er dir Böses zufügen will, so werde ich dich warnen, damit du fliehen kannst. Doch was auch immer geschieht, wir werden stets Freunde bleiben." Dann schlossen sie einen feierlichen Freundschaftsbund, denn Jonathan liebte den David wie sein eigenes Leben. Jonathan sprach zu David:

"Morgen ist das Fest des Neumonds; da wird man dich vermissen, wenn dein Platz leer bleibt. Wenn du drei Tage fortgeblieben bist, dann komme an den Ort, wo du dich versteckt hast am Tage jener Tat und setze dich neben den Erdhaufen dort. Ich aber werde übermorgen mit Pfeilen neben den Erdhaufen schießen, als sei er eine Zielscheibe. Dann werde ich den Burschen schicken! 'Geh, suche den Pfeil!' Sage ich ihm: 'Sieh, der Pfeil liegt diesseits von dir,hole ihn', so komm, denn es steht gut für dich, und es hat keine Gefahr, so wahr der Herr lebt. Sage ich aber zu dem Jüngling: 'Sieh, der Pfeil liegt jenseits von dir', so gehe, denn der Herr heißt dich gehen. Was unsere Freundschaft angeht, von der wir gesprochen haben, so ist der Herr Zeuge zwischen mir und dir für immer." Da versteckte sich David auf dem Felde. Als der Neumond kam, setzte sich der König zum Festessen. Er saß an seinem Platz wie immer, auf dem Platz an der Wand. Jonathan und Abner saßen neben Saul. Davids Platz aber blieb leer.

An diesem Tag sagte Saul nichts. Als aber auch am Tage nach dem Neumond Davids Platz leer blieb, sprach Saul zu Jonathan: "Warum ist der Sohn Isais weder gestern noch heute zu Tische gekommen ?" Jonathan antwortete: "David hat sich bei mir Urlaub nach Bethlehem erbeten. Er sagte, seine Familie habe dort ein Brandopfer, und sein Bruder habe ihn dazu eingeladen. Er wolle gerne seine Brüder wieder sehen. Darum ist er nicht zum Tische des Königs gekommen." Da wurde Saul zornig über Jonathan. Er sprach zu ihm: "Du Sohn einer Ungehorsamen! Ich weiß ja wohl, daß du an dem Sohne Isais hängst, zu deinem eigenen Unglück. Solange er lebt, wird dein Königtum keinen Bestand haben. So sende hin und lasse ihn holen, denn er muß sterben." Jonathan antwortete seinem Vater Saul und sprach zu ihm: "Warum soll er sterben ? Was hat er getan?"

Sauls Zorn

Da schleuderte Saul einen Speer auf ihn, um ihn zu treffen. So wußte Jonathan, daß sein Vater beschlossen hatte, David zu töten. Jonathan stand vom Tisch in glühendem Zorn auf und aß an jenem zweiten Tage des Neumondes nichts, denn er war um David bekümmert.

Am Morgen aber ging Jonathan mit einem jungen Burschen aufs Feld hinaus, wie er mit David verabredet hatte. Er sprach zu dem Burschen: "Lauf und suche mir die Pfeile, die ich abschieße!" Während der Bursche lief, schoß er den Pfeil über ihn hinaus. Als der Bursche an den Ort kam, wo der Pfeil lag, rief Jonathan dem Burschen nach: "Der Pfeil liegt ja jenseits von dir!" Dann rief er: "Schnell, eile dich!" Da hob der Bursche Jonathans Pfeile auf und brachte sie seinem Herrn. Aber der Bursche wußte von nichts; nur David und Jonathan wußten von der Sache. Dann gab Jonathan seine Waffen dem Burschen und sprach zu ihm: "Geh, trage sie in die Stadt!" Als der Bursche gegangen war, erhob sich David neben dem Erdhaufen, warf sich auf sein Angesicht zur Erde und verneigte sich dreimal. Sie küßten einander und weinten miteinander. Jonathan sprach zu David: "Zieh hin in Frieden! Wir haben doch im Namen des Herrn geschworen: 'Der Herr sei Zeuge zwischen dir und mir, zwischen deinen Kindern und meinen Kindern für immer.' "So machte sich David auf und zog weg. Jonathan aber kehrte heim in die Stadt.

David in Nob bei Achimelech

David kam nach Nob zum Priester Achimelech. Er bat um Brot, und Achimelech gab ihm von dem geheiligten Brot. Da aber David keine Waffen hatte, gab ihm Achimelech das Schwert Goliaths, in ein Tuch gewickelt,und sprach: "Willst du dieses Schwert nehmen, so nimm es; ein anderes habe ich nicht." So nahm David das Schwert des Philisters Goliath, den er erschlagen hatte. Aber er fürchtete sich vor dem Zorne Sauls. Daher versteckte er sich in der Höhle von Adullam. Als das seine Brüder und das ganze Haus seines Vaters hörten, kamen sie zu ihm dorthin. Es sammelten sich um ihn alle, die bedrängt, verschuldet oder verzweifelt waren, und er wurde ihr Hauptmann. Es waren bei ihm ungefähr vierhundert Mann. Einer der Knechte Sauls, der Edomiter Doeg, war gerade in Nob, als David den Priester Achimelech aufsuchte. Doeg ging zu Saul und berichtete ihm, daß der Priester David Brot und ein Schwert gegeben habe.

Der Schäfer Doeg schwärzt Achimelech bei König Saul an.

Als Saul das hörte, sandte er nach Nob und befahl Achimelech und seine ganze Familie zu sich. Sie kamen alle zum König. Saul sprach: "Warum habt ihr euch gegen mich verschworen, du und der Sohn Isais, daß du ihm Brot und ein Schwert gegeben hast ? Warum hast du bei dem Herrn für ihn und gegen mich gesprochen?" Achimelech antwortete: "Wer ist unter allen deinen Knechten so treu wie David? Ist er nicht dein Schwiegersohn, Oberster der Leibwache und geehrt in deinem Hause ? Habe ich denn jetzt zum erstenmal Gott für ihn angerufen ? Wahrhaftig nicht! Der König lege doch nicht seinem Knechte und dem ganzen Hause meines Vaters etwas zur Last, denn dein Knecht hat von alledem nichts gewußt und ist undschuldig."

Saul befiehlt die Priester sollen sterben.

Aber der König sprach: "Du mußt sterben, Achimelech, du und deines Vaters ganzes Haus." Er befahl seinen Soldaten, die vor ihm standen:"Tötet die Priester des Herrn, sie sind meine Feinde." Der Edomiter Doeg trat herzu, stach die Priester nieder und tötete an jenem Tage 85 von ihnen. Der König schlug die Stadt Nob mit seinem Schwerte und alles, was in ihr war. Nur ein einziger Sohn Achimelechs namens Abjathar entrann und floh zu David. Er meldete David, daß Saul die Priester des Herrn umgebracht habe. David sprach: "Ich wußte es schon an jenem Tage, daß der Edomiter Doeg es Saul verraten würde. Ich bin schuld am Tode aller Leute aus deines Vaters Haus. Bleibe bei mir und fürchte dich nicht! Denn wer dir nach dem Leben trachtet, der trachtet mir nach dem Leben. Bei mir bist du in guter Hut."