Noch schickt Big Ben seinen berühmten Stundenschlag über die Dächer von London. Noch ragt die gotische Pracht des Victoria Tower aus dem Häusermeer: Dick sitzt die Patina der Geschichte auf den rußgeschwärzten Monumenten. Und doch - London, die konservativste Stadt der Welt, hat sich verändert und beginnt noch immer sich zu verändern:

Jeanette und ich bei der Ankunft auf dem Flughafen London Heathrow. Bevor wir uns ins Hotel Ritz fahren ließen, baten wir den Taxifahrer ob er, bevor er das Gepäck einladen würde, sich mit uns fotografieren lassen wolle. Ihm machte es nichts aus, nur etwas freundlicher lächeln hätte er können, denn das konnte er vorher ja auch, bevor wir in sein Taxi stiegen.

Hier stehen wir vorm Hotel Ritz. Mit dem Auto hatten wir nichts zu tun, es stand zufällig da, als wir von einem Bummel zurück kamen.

In der Halle des Firstclass Hotels Ritz. Für mich war das alles Neuland, nicht aber für Jeanette, denn die war Luxus gewöhnt. Aber langsam kam auch ich auf den Geschmack und allmählich gewöhnte ich mich an solche Hotels. Die hätte ich mir jetzt auch leisten können, doch noch hütete ich mein Lotto-Geheimnis. Natürlich würde sie es erfahren, aber erst in Madrid, wo wir heiraten wollten und auch ihre Eltern dabei sein würden. Ich hätte es meinerseits nie gewagt Jeanette zu fragen, ob sie mich heiraten würde. Das wußte sie. Und daher kam der Heiratsantrag von ihr, was mich sehr ehrte.

Solche Luxuszimmer im Stile französischer aber auch englischer Könige gibt es nur im konservativen London oder aber auch in Paris. Nun ja, England machte schon immer eine Ausnahme - in allem. Vor Napoleon liefen alle Soldaten links im Marsch. Er führte aber den Rechtsschritt ein, also alle Soldaten mussten rechts laufen, das verwirrte seine Gegner. In England und in all seinen überseeischen Kolonien blieb aber der Linksverkehr erhalten. Meine Güte: 80 Prozent aller Länder haben den Rechtsverkehr, aber nein, England blieb bei seiner Tradition: Links gehts lang. Das ist nicht nur bei den Fußgängern so sondern auch im Straßenverkehr.

Zu einem first class Hotel gehört auch ein luxuriöses Badezimmer. Nein, es gab keinen Wettlauf wer zuerst in der Badewanne war. Sobald es ums Baden ging lachten wir immer ganz herzhaft. Dieses Bild machten wir nur zur Erinnerung, dann verschwand ich wieder in den Wohnraum unserer Suite. Hatte ja Zeit bis my Lady ausgiebig gebadet hatten.

Vor dem Zubettgehen wollten wir noch einen kleinen Spaziergang rund um das Hotel machen, dabei sind wir in einem gemütlichen Pub gelandet. Es war wirklich schön an der Theke zu sitzen und die Menschen zu beobachten. Eine Lady links von mir musste irgendwie Liebeskummer gehabt haben, oder hatte ihn noch. Vielleicht aber hatte sie auch einen zuviel getrunken. Möglich ist ja alles. Ja, ja, mit dem Alkohol ist es bei Frauen so eine Sache. War ich froh, dass meine Lady nicht so dem Alkohol zugetan war. - Doch sollte man den Tag nicht vor dem Abend loben. Nicht dass my Lady etwa betrunken gewesen wäre...

...aber einen "im Tee" hatte sie doch - soll heissen, sie hatte einen Schwips. Mich traf fast der Schlag als ich aus dem Badezimmer kam und sie fast nackt und in durchsichtiger Nachtwäsche auf dem Bett knien sah. Nicht dass das kein Anblick für die Götter gewesen wäre aber das war ich von ihr gar nicht gewöhnt. Später erfuhr ich, dass die Skandinavier in solchen Dingen viel lockerer umgehen als wir prüden Deutschen. Dem Himmel sei Dank, dass ich solch eine Frau kennen lernen durfte.

Mit dem Altersunterschied hatte sie, wie an anderer Stelle schon erwähnt, keinerlei Probleme. Abgesehen davon sah ich auch wirklich nicht wie ein 50jähriger Mann aus. Als ich sie einmal darauf ansprach meinte sie ehrlich mit liebevollem Blick: "Och, die paar Jährchen? Ich merke davon nichts, Schatzilein".

"My Lady, es sind immerhin 20 Jahre Altersunterschied", sagte ich, "ich habe, wie bereits schon mal erwähnt, das Pech der frühen Geburt!" "Aber geh," erwiederte sie, "Männer werden mit zunehmendem Alter doch erst interessant. Und überdies: Wenn die Liebe auf den Misthaufen fällt, dann blüht sie auch dort. Oder stört dich meine Jugend?"

"Nein nein", beeilte ich mich zu antworten...weiter kam ich nicht, denn sie wandte sich mir zu, gab mir einen Kuss und meinte mit ihrem immer wieder unwiderstehlichen Lächeln: "Siehste, und mich stören die paar Jährchen Altersunterschied auch nicht. Und damit basta!"

Es wurde eine traumhafte Nacht, soviel darf ich verraten. Wir freuten uns auf den nächsten Tag, um "Lisbethchens bescheidene Baracke" zu besuchen.

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Zu Besuch in Lisbethchens bescheidener Baracke