Prag - die goldene Stadt

Nun bin ich also in Prag angelangt. Nach dem Einchecken im Hotel ging ich noch etwas über den allgemeinen Treffpunkt der Prager, nämlich der Wenzelsplatz, spazieren. Während ich so einsam und alleine, die Jugend und die Verliebten beobachtete, tauchte neben mir zufällig eine hübsche Pragerin auf, die ebenfalls dort flanierte. Sie lächelte mich an und ich grüßte sie höflich in etwas holperigem Tschechisch. Da merkte sie dann auch sofort, dass ich kein Tschesche war. Sie grüßte höflich zurück und zwar in einwandfreiem, fast akzentlosem Deutsch und so kamen wir eben ins Gespräch, wobei ich sie etwas über die Goldene Stadt fragte und ob sie sich hier in der Stadt auskennen würde.

"Aber natürlich", antwortete sie und fuhr fort. "Seien Sie nicht enttäuscht über Prag, mein Herr. Das Gold unserer schönen Stadt ist ein wenig verblasst, doch noch immer ist Prag eine der schönsten Städte der Welt. Im Prag von einst mit seinen goldenen Dächern war und ist auch heute noch der Wenzelsplatz eine muntere Flanierstrasse, auf der unsere hübschen Pragerinnen (in der Tat, ich lernte gerade eine davon kennen ), die neueste Mode ausführen. Im roten Prag wurde er zum tschechischen Unabhängigkeitssymbol."

Mein erster Tag in Prag begann tatsächlich wie ein Prager Frühling, denn die freundliche Lady erklärte sich bereit, mir ein bisschen Prag zu zeigen. Natürlich war ich hocherfreut sie bei meinen Bummel durch die Fussgängerzone dabei zu haben. Sie trug tatsächlich die neueste Mode. Überdies sprach sie sehr gebildet und wie bereits erwähnt ein fast ein akzentfreies Deutsch.

"Bleiben Sie länger in Prag?" fragte sie mich. "Eigentlich wollte ich nur 3 Tage bleiben, aber jetzt, nachdem ich eine solch nette Begleiterin kennen lernen durfte..." "Ich bin Reiseleiterin und habe gerade für eine Weile Urlaub, unterbrach sie mich lächelnd". "Das trifft sich ausgezeichnet, liebe Frau und so habe ich mir gerade überlegt, dass, wenn Sie meine Begleiterin sein könnten, ich länger in Prag verweilen werde." Und so blieb sie für eine ganze Woche bei mir in welcher wir uns näher kennen lernten.

Dass sie mit mir auch noch nach Warschau mitreisen würde hätte ich nie gedacht. Statt einer Woche blieb sie für 3 Wochen meine ständige Begleiterin, die mir alles über Prag zu erzählen wusste und mich überall hinführte. Ich war also in besten Händen.

Oben: Die Karlsbrücke. In Begleitung meine neue Bekanntschaft. Unten: Der Altstädter Brückenturm, der schönste Turm der Stadt, aber er erblasste in Anwesenheit meiner hübschen Pragerin.

Prags Klima wurde stets davon bestimmt, welcher Wind die Wetterfahnen des Hradschin drehte. Die allesbeherrschende Burg von Prag ist keins der üblichen Raubvogelnester, sondern eine Stadt für sich. Im Mittelalter suchten die Alchimisten im Schatten des St.- Veits-Doms nach der chemischen Formel für Gold und dem Stein der Weisen. Jetzt sind Burg und Dom nationales Museum, bevölkert von tuschelnden Schulkindern, Landfrauen und Werktätigen. Unter den Kreuzen der Kathedrale flattert die weiße Fahne des Präsidenten der Republik. Hin und wieder überzeugt sich Bürger Schwejk, aus welcher Windrichtung sie flattert. Zum Hradschin führt die von lauter Heiligen, Kündern und Zeugen des Glaubens gesäumte Karlsbrücke, die das Herz jedes Tschechen höher schlagen läßt. Unten rauscht wie in alten Zeiten die von Smetana besungene Moldau. Sie durchfließt eine Stadt, die jederzeit Kulisse für einen Historienfilm sein könnte. Vom Ausbruch der Neuzeit ist in Prag nicht viel zu spüren. Wie im Film reihen sich hier immer noch Kirchen, Paläste und Klöster aneinander. Um alles zu sehen, braucht man Wochen. Um alles zu verstehen, was und warum es sich hier abspielte, kommt man mit Jahren nicht aus.

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