Bundeskanzler Prof. Dr. Erhard.
Professor Dr. Ludwig Erhard - zweiter Bundeskanzler.

Ludwig Erhard war seit Dezember 1923 mit der Volkswirtin Luise Schuster (1893–1975), geborene Lotter, aus Langenzenn verheiratet. Aus ihrer Ehe ging die Tochter Elisabeth hervor. Familie Erhard lebte in Gmund am Tegernsee. Das Zigarrenrauchen war ab 1930 Erhards Markenzeichen. Aussagen aus seinem Umfeld zufolge konsumierte er in manchen Phasen seiner politischen Arbeit täglich etwa fünfzehn bis zwanzig Zigarren.

Der amerikanische Militär-Gouverneur Lucius D. Clay.

Am 2. März 1948 wurde Erhard auf Vorschlag der FDP zum Direktor der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes gewählt und zeichnete damit für die Wirtschaftspolitik in den westlichen Besatzungszonen verantwortlich. Erhard wurde erst fünf Tage vor dem geplanten Termin von den West-Alliierten über den Zeitpunkt der bevorstehenden Währungsreform am 20. Juni 1948 informiert. Einen Tag vor der Reform ließ er über Rundfunk verkünden, Zwangsbewirtschaftung und Preisbindungen seien aufgehoben. Am nächsten Tag wurde er zum amerikanischen Militär-Gouverneur Lucius D. Clay zitiert, der ihm vorwarf, er habe eigenmächtig Vorschriften des alliierten Besatzungsrechts verändert. Erhards Antwort:

"Ich habe sie nicht verändert, ich habe sie abgeschafft!"

Legendär auch aus dieser Unterredung: Clay zu Erhard: "Meine Berater sagen mir, dass ihre Entscheidung falsch ist." worauf Erhard ihm erwiderte: "Das sagen meine auch!" Erhards eigenmächtige Entscheidung, die dann mit dem "Leitsätzegesetz" vom 21. Juni 1948 bestätigt wurde, gilt heute als Voraussetzung für das spätere Wirtschaftswunder.

Erhards Wirtschaftspolitik war zunächst heftig umstritten und nicht direkt von Erfolg gekrönt. Die Reformen führten zu hohen Preissteigerungen. Am 12. November 1948 riefen die Gewerkschaften einen Generalstreik aus. Erst das einsetzende Wirtschaftswachstum zu Beginn der fünfziger Jahre schien seinen Kurs zu bestätigen.

Ludwig Erhards Kurs bestätigt sich: Es ging aufwärts.
Das deutsche Wirtschaftswunder beginnt mit 1950.

Die Nachkriegsdeutschen im Westen schlossen den im Jahr 1950 präsentierten Lloyd 300 sofort ins Herz. Der erste echte Kleinwagen bot vier Personen Platz. Das Auto für den kleinen Mann.   

Möbeleinrichtung der Fünfziger Jahre.
Der Verkehr rollte wieder über Deutschlands Straßen.
Wer einen solchen Wagen fuhr gehörte schon zu den Privilegierten.
Erhard war einer der beliebtesten Politiker der 1950er Jahre.
Ludwig Erhard mit Zigarre am Tegernsee sitzend.

Er galt als Schöpfer des deutschen Wirtschaftswunders, dessen Markenzeichen der stets Zigarre rauchende Wirtschaftsminister wurde. Die großen Wahlsiege der CDU bei den Bundestagswahlen von 1953 und 1957 waren zum erheblichen Teil ihm zu verdanken. In seinem populären Buch Wohlstand für Alle (1957) legte er seine Vorstellungen allgemein verständlich dar. Er selbst lehnte den Begriff "Wirtschaftswunder" allerdings ab und bestand darauf, dass das Wirtschaftswachstum Ergebnis einer erfolgreichen marktwirtschaftlichen Politik sei. Unbeirrbar trat Erhard für die Liberalisierung des Außenhandels ein, was ihm auch in den eigenen Reihen den Ruf eines Dogmatikers einbrachte.

Als überzeugter Verfechter der Marktwirtschaft trug Erhard harte Auseinanderetzungen mit dem Sozialpolitiker Adenauer aus, die 1957 im Streit um die Rentenreform (von Adenauer letztlich durchgesetzt) gipfelten. Das seitdem bestehende Umlageverfahren (sogenannter Generationenvertrag) lehnte Erhard als nicht zukunftsfähig ab. Adenauer setzte sich jedoch mit dem bekannten Ausspruch "Kinder kriegen die Leute sowieso" über diese Bedenken hinweg.

Vom Beginn seiner Tätigkeit als Minister an sah sich Erhard harter Kritik seitens des Kanzlers ausgesetzt. Adenauers Hauptvorwürfe waren häufige Abwesenheit, mangelnde Kontrolle des Ministeriums und unbedachte Reden. Seine Anhänger wurden scherzhaft "Brigade Erhard" genannt – nach einer Marineeinheit aus dem Kapp-Putsch von 1920. Um eine gefestigte Gruppe handelte es sich allerdings nicht; manche unterstützten den Wirtschaftsminister nicht zuletzt deshalb, weil sie Adenauer ablösen und nach Erhard selbst Kanzler werden wollten.

Erhard wird am 16. Oktober 1963 zum Bundeskanzler gewählt.
Ludwig Erhard wird als Bundeskanzler vereidigt.

Nach Adenauers Rücktritt am 15. Oktober 1963 wurde Erhard am 16. Oktober 1963 zum Bundeskanzler gewählt. Er war seit 1957 Vizekanzler und wegen seiner Fähigkeiten im Wahlkampf Favorit der CDU. Viele – allen voran Adenauer – glaubten, er sei als Kanzler ungeeignet. So wurde er mehrheitlich als eine Art Zwischenlösung angesehen mit der Hauptaufgabe, einen Wahlsieg bei der Bundestagswahl 1965 zu erringen.

Erhards Regierungszeit gilt als glücklos. Aus den Reihen der CDU warf man ihm unter anderem vor, er sei für ein Abkühlen in den deutsch-französischen Beziehungen verantwortlich. Neben Außenminister Gerhard Schröder zählte er zu den Atlantikern, die den Vorrang der Beziehungen zu den USA gegenüber denen zu Frankreich betonten.

Zudem flocht Adenauer Ränke gegen ihn: Erhard sei als Kanzler unfähig; vergeblich hatte der Kölner ihn schon als Nachfolger zu verhindern versucht. 1965 fuhr Erhard zwar den bis dahin zweitgrößten Wahlsieg in der Geschichte der Union ein. Doch schon bei der Regierungsbildung konnte er seine Ansichten in der CDU/CSU nicht mehr durchsetzen. In den folgenden Monaten verfiel seine Führungskraft zusehends. Das von ihm aufgestellte Leitbild einer "formierten Gesellschaft" fand kaum Zustimmung. Um sich zu behaupten und seinen Konkurrenten Barzel zu bremsen, ließ Erhard sich im März 1966 zum Vorsitzenden der CDU wählen.

US-Präsident Lyndon B. Johnson fordert hohe Zahlungen.
Erhards Ansehen als Wirtschaftsfachmann wurde erschüttert.

Sein Ansehen als Wirtschaftsfachmann wurde erschüttert, als 1966 US-Präsident Lyndon B. Johnson hohe zusätzliche Zahlungen in Höhe von 1,35 Milliarden US$ (etwa 5,4 Milliarden DM) für Besatzungskosten und den Vietnamkrieg einforderte und die zweite Rezession der Nachkriegszeit (die erste war unmittelbar auf die Währungsreform von 1948 gefolgt) mit drastisch steigenden Arbeitslosenzahlen einsetzte. Es folgten schwere Niederlagen für die CDU bei Landtagswahlen, insbesondere am 10. Juli 1966 in Nordrhein-Westfalen, wo sie die Macht an die SPD verlor. Wegen einer Finanzkrise und in Betracht gezogenen moderaten Steuererhöhungen folgte der Rücktritt der FDP-Minister.

Erhard bildete am 26. Oktober 1966 eine Minderheitsregierung aus CDU und CSU. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wählte indes Kurt Georg Kiesinger zum Kanzlerkandidaten, der eine große Koalition mit der SPD zustande brachte. Erhard trat schließlich am 1. Dezember 1966 zurück. Im Mai 1967 legte er auch den CDU-Vorsitz nieder.

Sein politisches Scheitern als Kanzler wurde nicht zuletzt auf seinen Charakter zurückgeführt: Im Gegensatz zum kühlen Taktiker Adenauer wirkte er angreifbar, sein kollegialer Stil wurde als Führungsschwäche ausgelegt, er wurde als gutgläubig und weltfremd beschrieben. Hinzu kam seine im Vergleich zum Jahrzehnte älteren Adenauer bereits recht angeschlagene Gesundheit. Erhards Berater Johannes Gross wies auch auf die Divergenz zwischen dem öffentlich zur Schau gestellten Optimismus in den mitreißenden Redendes Kanzlers auf der einen Seite und dessen Schüchternheit und Zögerlichkeit im kleinen Kreis hin.

Erhard Zuhause am Tegernsee.
Aufnahmen des zweiten Bundeskanzlers am Tegernsee.
Erhard stirbt am 5. Mai 1977 an Herzversagen in Bonn.
Erhards Grab in Gmund am Tegernsee.

Ludwig Erhard starb am 5. Mai 1977 an Herzversagen in Bonn. Am 11. Mai 1977 fand aus Anlass seines Todes ein Staatsakt im Plenarsaal des Deutschen Bundestages statt. Er fand seine letzte Ruhe auf dem Bergfriedhof in Gmund am Tegernsee. Zusammengestellt von MGB.

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