Neuschwanstein ist das berühmteste der Schlösser Ludwigs II. und eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Deutschlands. Es wird jährlich von mehr als 1,3 Millionen, Touristen aufgesucht. Das oftmals als "Märchenschloss" bezeichnete Neuschwanstein kann besichtigt werden und ist nahezu ganzjährig für Besucher geöffnet. Die Architektur und Innenausstattung sind vom romantischen Eklektizismus des 19. Jahrhunderts geprägt, das Schloss gilt als ein Hauptwerk des Historismus.

Das weltbekannte Märchenschloss Neuschwanstein
Das weltbekannte Märchenschloss Neuschwanstein von König Ludwig II. bei Füssen im Allgäu.
Das weltbekannte Märchenschloss Neuschwanstein im Winter
Wie bereits erwähnt: Das Schloss ist ganzjährig geöffnet - auch im Winter.

Am Platz des heutigen Schlosses stand bis 1868 die mächtige Burg Schwangau, die indirekt erstmalig 1146/47 mit Hiltipolt de Swanegowe greifbar ist, dessen Familie in Diensten der eigentlichen Burgherren, der Welfen, stand. Die Erwähnung 1090/97 als castrum Swangowe entpuppte sich als moderne Fälschung. Die verfallene Burk ze Swango wurde bis 1307/08 zu der Doppelburg Vorder - und Hinterhohenschwangau ausgebaut. 1523 ergab eine Inspektion, dass beide Burgen 'zerfallen...und...ganz paufellig' seien, man in Vorderhohenschwangau aber Baumaterial zum Wiederaufbau eingelagert habe. 1536 fanden sich auf beiden Burgen unter anderem ein eisernes Geschütz, vier kurze Eisenbüchsen, 16 Hakenbüchsen, vier Langspieße, zwei Hellebarden, diverse Harnischteile, zwei Tartschen, zweieinhalb Tonnen Pulver und 2000 Pfeile. Nachdem 1535 die Augsburger Patrizierfamilie Baumgartner die Doppelburg erworben hatte, war diese bereits 1611 wieder baufällig. 1868 begann König Ludwig II. von Bayern mit der "Restauration" der alten Burg, indem er die Burgruine komplett wegsprengen und durch seine Vision der Gralsburg ersetzen ließ. Gegen 1891 vertauschte man die Namen der Königsschlösser: Das "Neue Schloss Hohenschwangau" wurde zum Schloss Neuschwanstein, das alte Schloss Schwanstein dagegen zum Schloss Hohenschwangau. (Nachzulesen unter) Burgensuche

Schloss Hohenschwangau im Sommer.
Schloss Hohenschwangau zur Winterszeit.

1848 bestieg Max als Maximilian II. den Thron, neue Trakte wurden für den Hofstaat errichtet, zuletzt 1855 der Kavaliersbau. Das Schloss diente der königlichen Familie als Sommerresidenz und war die Kinderstube der beiden Söhne, der späteren Könige Ludwig II. und Otto. Ihre Mutter Marie von Bayern (1825–1889) unternahm mit ihnen häufig Bergwanderungen, so auch auf die alten Burgen Vorder - und Hinterhohenschwangau und Frauenstein. Sie verlebte hier auch nach dem Tod von König Max II. 1864 alljährlich mehrere Sommermonate. In ihrer Abwesenheit nutzte auch Ludwig II. häufig das Schloss, so auch während der Errichtung seines eigenen Schlosses Neuschwanstein von 1869 bis 1884. Er veränderte in Hohenschwangau nichts außer seinem eigenen Schlafzimmer, in das er 1864 eine Felsengruppe einbauen ließ, über die ein Wasserfall strömte, sowie einen Apparat zur Erzeugung eines künstlichen Regenbogens und einen Nachthimmel mit Mond und Sternen, die durch ein kompliziertes Spiegelsystem vom Obergeschoß aus beleuchtet wurden. Königin Marie ließ nach Ludwigs Tod 1886 den ursprünglichen Zustand des Zimmers wieder herstellen. Sie starb fast drei Jahre nach dem Tod ihres Sohnes 1889 auf Schloss Hohenschwangau.

Der König nutzte häufig das Schloss, so auch während der Errichtung seines eigenen Schlosses Neuschwanstein von 1869 bis 1884.

Das Arbeitszimmer Seiner Majestät Ludwig II. auf Hohenschwangau.
Das Schwanenzimmer.
Das Schlafzimmer Seiner Majestät in Schloss Hohenschwangau.
Wir wollen uns jetzt aber nicht mit Schloss Hohenschwangau befassen, sondern mit der Entstehung, respektive dem Bau von Schloss Neuschwanstein und was dahinter steckte.

Nach der Regierungsübernahme durch den jungen König 1864 war der Wiederaufbau der Vorderhohenschwangauer Burgruine – des späteren Neuschwansteins – das erste größere Schlossbauprojekt Ludwigs II. Er plante damit durchaus nichts Außergewöhnliches: In ganz Europa bauten sich zur gleichen Zeit gekrönte Häupter und Adelsfamilien Schlösser und Burgen in historischen Stilen oder ließen bedeutende mittelalterliche Monumente rekonstruieren. Kurz nach dem väterlichen Hohenschwangau hatte Ludwigs Onkel, König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, das Schloss Stolzenfels wiedererrichten lassen und von 1850 bis 1867 die Burg Hohenzollern, der hannoversche König hatte von 1858 bis 1869 das Schloss Marienburg gebaut, die britische Königin Victoria ab 1845 Osborne House und kurz darauf Balmoral Castle, ihr Onkel Georg IV. hatte bereits zwischen 1820 und 1830 Windsor Castle bedeutend erweitert, der portugiesische König Ferdinand II. baute ab 1840 Schloss Pena, die Fürsten zu Schwarzenberg zur gleichen Zeit das böhmische Schloss Frauenberg und die Fürsten von Urach das Schloss Lichtenstein, um nur einige Beispiele zu nennen. Sie alle folgen unten der Reihe nach. Allen hätte man Verschwendungssucht vorwerfen können, doch es gab dort keinen preußischen Geheimdienst.

Das wiedererrichte Schloss Stolzenfels von König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen.
Von 1850 bis 1867 wurde die Burg Hohenzollern errichtet.
Der hannoversche König hatte von 1858 bis 1869 das Schloss Marienburg gebaut.
Die britische Königin Victoria baute ab 1845 Osborne House...
...und kurz darauf Balmoral Castle...
Ihr Onkel Georg IV. hatte bereits zwischen 1820 und 1830 Windsor Castle bedeutend erweitert.
Der portugiesische König Ferdinand II. baute ab 1840 Schloss Pena.
Die Fürsten zu Schwarzenberg zur gleichen Zeit das böhmische Schloss Frauenberg.
Und die Fürsten von Urach bauten das Schloss Lichtenstein.
Im Mai 1867 besuchte Ludwig mit seinem Bruder Otto die wieder aufgebaute Wartburg bei Eisenach.

Dem als Sinnbild einer Ritterburg gedachten Neuschwanstein folgten mit Linderhof noch ein Lustschloss aus der Epoche des Rokoko und mit Schloss Herrenchiemsee ein barocker Palast, der als Denkmal für die Zeit des Absolutismus stand. Angeregt zu dem Bau Neuschwansteins wurde Ludwig II. durch zwei Reisen: Im Mai 1867 besuchte er mit seinem Bruder Otto die wieder aufgebaute Wartburg bei Eisenach, im Juli desselben Jahres besichtigte er in Frankreich Schloss Pierrefonds, das damals von Eugène Viollet-le-Duc für Kaiser Napoleon III. von einer Burgruine zu einem historistischen Schloss umgestaltet wurde.

Im Juli desselben Jahres besichtigte er in Frankreich Schloss Pierrefonds.

Im Verständnis des Königs entsprachen beide Bauten einer romantischen Darstellung des Mittelalters, ebenso wie die musikalischen Sagenwelten Richard Wagners. Dessen Werke Tannhäuser und Lohengrin hatten den König nachhaltig beeindruckt. Am 15. Mai 1868 teilte er dem befreundeten Komponisten in einem Brief mit:

"Ich habe die Absicht, die alte Burgruine Hohenschwangau bei der Pöllatschlucht neu aufbauen zu lassen, im echten Styl der alten deutschen Ritterburgen".

Aufführung von Wagners Tannhäuser und Lohengrin, allein für Seine Majestät.
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