Franz I. (1494-1547) kehrte nach seiner Niederlage gegen Karl V. und seiner Gefangenschaft in Madrid im Jahr 1526 nach Frankreich zurück und hielt sich meist in der Nähe von Paris auf. In dem 17000 ha großen Waldgebiet um Schloß Fontainebleau konnte er nach Herzenslust seiner großen Leidenschaft, der Jagd, frönen. Vom ursprünglichen Schloss, einem Jagdschloss aus dem 12. Jahrhundert, ist nur noch der Turm erhalten, der einst im ovalen Ehrenhof stand. Vermutlich befanden sich zur Zeit von Philipp August (1165-1223) und Ludwig dem Heiligen (1214-1270) die Gemächer der Könige in diesem Turm. Philipp der Schöne kam 1268 in Fontainebleau zur Welt und starb 1314 auch hier. Über acht Jahrhunderte - vom Krönungsjahr Ludwigs VII. (1137) bis zum Ende des Zweiten Kaiserreichs (1870) - erlebte das Schloss alle entscheidenden Phasen der französischen Geschichte mit.
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Im Jahr 1528 kam Franz I. auf die Idee, das weitgehend verfallene Jagdschloss abzureißen und ein völlig neues Schloss zu errichten. Der König ließ einen Teil der Porte Doree (Goldene Tür), den Ballsaal, die Trinitekapelle und die bis heute berühmte, Galerie Franz' I. errichten. Er rief die Künstler Rosso Fiorentino, Francesco Primaticcio, Nicolo dell'Abate und Giacomo Vignola an seinen Hof, typische Vertreter des Manierismus, die später die Schule von Fontainebleau gründeten. Besucher können heute noch einen Teil ihrer Arbeiten in der Galerie, im Ballsaal und im Schlafzimmer der Duchesse d'Etampes, der Mätresse des Königs, bewundern. Hier erzählen die inzwischen mehrfach restaurierten Fresken die Geschichte Alexanders des Großen und seiner Gattin Roxane.
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Franz I. ließ die Zimmer und Salons üppig mit Meisterwerken aller Art Gold- und Silberobjekten, Waffen und Tapisserien, vor allem jedoch Gemälden italienischer Künstler - ausstatten. Letztere hatte er während seiner Feldzüge jenseits der Alpen kennen gelernt, als er das Herzogtum Mailand zunächst eroberte, 1525 jedoch in der Schlacht von Pavia wieder verlor. Der König engagierte Architekten wie Sebastiano Serlio, Maler wie Francesco Primaticcio und Andrea del Sarto, Bildhauer wie Benvenuto Cellini und darüber hinaus Innenausstatter, Dekorateure und Stuckateure, die seine Residenzen im Stil der Renaissance verschönern sollten. Außerdem schwebte über allem der Geist Leonardo da Vincis, der seine letzten Jahre auf Schloss Cloux bei Amboise verbracht hatte und dort 1519 gestorben war.
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Man kann sich gut vorstellen, welche Genugtuung Franz I. erfüllte, als sein Erzrivale Karl V. die Schlösser Chambord und Fontainebleau besuchte, jene Machtsymbole seiner Herrschaft, denen auch der Hofdichter Ronsard so manche Zeile widmete. Im 16. Jahrhundert besaßen die französischen Könige so viele Schlösser, dass sie in der Regel von einem zum anderen zogen, ihren gesamten Hofstaat, Wagen mit Pelzen, Tapisserien, Silbertellern und Möbeln im Schlepptau, denn diese kostbaren Objekte gehörten zum beweglichen Inventar des Herrschers. Wenn dieser abreiste, war das Schloss weitgehend leer und blieb oft jahrelang verlassen.
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Die Nachfolger Franz' I. gaben ebenfalls enorme Summen aus, um Fontainebleau zu verschönern, denn das Schloss war inzwischen zur Lieblingsresidenz der Könige aufgestiegen. Heinrich II. (1519-1559) ließ den Ballsaal umgestalten, den seine Frau, Katharina von Medici, für fantastische Empfänge im Stil ihrer florentinischen Heimat nutzte. Unter Heinrich IV. (1553-1610) entwickelte sich Fontainebleau zu einem echten Wohnpalast, in dem auch die Prinzen lebten. Einer von ihnen war der spätere König Ludwig XIII., der 1601 zur Welt kam und 1606 in der Cour Ovale mit solchem Pomp getauft wurde, dass das Ereignis in die Geschichte einging. Heinrich IV. ließ das Schloss radikal umbauen. Er fügte neue Flügel hinzu, gestaltete den Garten um und beauftragte Künstler wie Toussaint Dubreuil, Amboise Dubois und Martin Freminet mit der Innenausstattung.
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Fontainebleau-Spiegelsaal
Nach dem Tod des Herrschers ließ Ludwig XIII. die Arbeiten fortsetzen. Bald jedoch bevorzugte er als Domizil einen kleinen ]agdsitz, der auf einer Ebene im Südwesten von Paris stand. Dieses Schlösschen sollte Ludwig XIV in das gewaltige Versailles verwandeln. Doch auch der Sonnenkönig suchte Fontainebleau zunächst regelmäßig während der Jagdsaison zwischen September und November auf. Für seine Mättresse, Madame de Maintenon, liess er die Gemächer über der Porte Dorèe herrichten. Die von Primaticcio dekorierte Galerie d' Ulysee (1541-1570) wurde bereits unter Ludwig XIV. wieder zerstört.
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Da der Hof unter dem Sonnenkönig ins Riesenhafte gewachsen war, musste Ludwig XV. neue Wohnräume schaffen. In Fontainebleau ließ er den Südflügel der Cour du Cheval Blanc anbauen, den der Architekt Gabriel im Jahr 1738 entworfen hatte. Außerdem ordnete man unter Ludwig XV. die Gemächer des Königs anders an und stattete sie neu aus. Die berühmte Königstreppe (Escalier du Roi) entstand in dieser Zeit, und die Galerie Franz' I. wurde auf das Doppelte verbreitert, sodass sie sich nun auch zum Jardin de Diane (Dianagarten) hin öffnete.
Schließlich gestaltete man noch den Ratssaal um. Die Schlafzimmer des Königs und der Königin erhielten neues Holzschnitzwerk, das Jean-Baptiste Pierre und Carle van Loo anfertigten; die Fresken schuf der berühmte Künstler Francois Boucher. Während seiner Herrschaft ließ Ludwig XV. auch die Petits Appartements (Kleine Appartements) verändern. Die pompöse Tischzeremonie seines Vorgängers schaffte der Monarch ab und reduzierte die Formalitäten auf das Notwendigste. Die Tage, die er in Fontainebleau verbrachte, verliefen immer nach dem gleichen Schema: Nach einem kurzen Frühstück kleidete man den König zur Jagd an, dann brach die Gesellschaft mit Hunden und schallenden Hörnern auf, um zwei Stunden später zurückzukehren. Es folgte eine Visite bei der Königin und den Prinzen.
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Anschließend arbeitete der Herrscher bis zum Abendessen, das mittlerweile ohne musikalische Begleitung und im Kreise der engsten Familie stattfand, Nach dem Dinner begab sich Ludwig XV., zu den Gemächern von Madame Pompadour, um dort einige Stunden im Kreise von Vertrauten und Freunden zu verbringen. Nachdem er sich mehrmals zur Jagd in Fontainebleau aufgehalten hatte, beschloss Ludwig XVI., das Schloss nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Er ließ die Gemächer der Königin mit Trompe-l'reil-Arabesken verzieren und stellte einen herrlichen Sekretär sowie einen Arbeitstisch, beide aus Elfenbein und vergoldeter Bronze, hinein. Während der Französischen Revolution verschwanden alle Möbel aus dem Schloss, doch die Bausubstanz blieb weitgehend erhalten, Napoleon I. 1769-1821) erklärte Fontainebleau zu einer seiner Lieblingsresidenzen und ließ das Schloss neu möblieren.
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