Hestia, die Göttin des Herdes und des Feuers

Der Kult der Hestia: es gab ja niemals Abbildungen oder Statuen von Hestia, der Göttin des Herdes und des Feuers, denn sie nahm niemals eine menschliche Gestalt an. Sie war als lebendige Flamme in jeder häuslichen Feuerstelle, in jedem häuslichen Herd anwesend. Ihr symbol war ein Kreis. Ihre Herde waren rund und ihre ersten Tempel ebenfalls als Zentrum eines jeden Hauses symbolisierte sie Familieneintracht, in den Tempeln verkörperte sie den gesellschaftlichen Zusammenhalt. sie bürgte für die persönliche Sicherheit, das persönliche Glück und die heilige Pflicht der Gastfreundschaft.

Apollo wirbt, oft auch auf dem Boden liegend, um die Hand Hestias
Apollo wirbt, oft auch auf dem Boden liegend, um die Hand Hestias

Hestia war die erstgeborene Tochter der Rhea und des Kronos und wurde als älteste Göttin des hellenischen Pantheons verehrt. Schutzherrin des Familienglücks, hatte als Heiligen Ort die Mitte des Hauses. Ihr galt nicht nur das erste, sondern auch das letzte Opfer bei einer festlichen Versammlung. Hestia, Athene und Artemis waren die einzigen Göttinnen bei denen Aphrodite keine Macht hatte (alle Götter und Sterbliche standen unter ihren Einfluss). Schüchtern und genügsam, bescheiden und verschlossen mit den Kontakten zu den anderen Göttern, hatte sie eine ganz besondere Eigenschaft: von Anfang an war sie negativ auf die Idee der Ehe und in der erotischen Vereinigung mit allen die sie begehrten. Viele namhafte Liebhaber und unter ihnen Götter die ihr würdig waren hatten sehr schnell ihre eindeutige Ablehnung bekommen. Jede erotische Annäherung entfernte sie weiter und jegliches Beharren auf ähnliche Themen brachte nicht die geringste Reaktion auf ihrem Gesicht. Dem reinen und keuschen Wesen der Göttin entsprechend, pflegte man sie sitzend oder ruhig dastehend mit ernstem Gesichtsausdruck und stets völlig bekleidet darzustellen. Man malte sie auch nie nackt.

Der einzige Zwischenfall ist die Verführung der Göttin von Priapus. Bei einem Fest der Götter nach dem vielen essen und trinken, waren alle erschöpft und betrunken (Hestia auch) und gingen zu Bett. Als sie schlief, versuchte er sie zu vergewaltigen. Niemand (auch sie nicht) hat es wahrgenommen, bis ein Esel brüllte und sie weckte. So wurde sie von der Vergewaltigung gerettet. Hestia als Göttin unterschied sich deutlich von allen anderen Göttinnen. Hingegeben an das Haus und ihren Bewohnern, lebte sie immer auf dem Olymp.

Hestia die keusche Göttin

Gebunden an das Gelübde der ewigen Jungfräulichkeit, bestimmt das Haus und die Familie zu dienen, hatte sie bewusst jeden erotischen Gedanken und Stimmung beseitigt, die ihren Schwur brechen könnte. Einst verliebten sich Apollon und Poseidon in Hestia und warben um sie. Aber die Göttin vermied sie, und als sie verfolgt wurde, floh sie zu Zeus, fiel vor ihm auf die Knie und schwor, indem sie sein Haupt berührte, immer Jungfrau zu bleiben. So gehörte Hestia mit Artemis und Athena zu den jungfräulichen Göttinnen, die nie eine Beziehung zu einem Mann hatten. Ihre Entscheidungen und ihre Prinzipien sind unwiderruflich.

Hestia war eine Göttin mit stabilen Ideen, "glauben" und Ideale. Keine erotische Annährung und keine Situation konnte sie vom ihrem Hauptziel ablenken: die Hingabe an den Schutz der Familie, den Wohlstand und der Behaglichkeit, das bewahren, das verteidigen der Stabilität und die Heiligkeit der Ehe, der Familie, des Hauses. Wegen ihrer Sanften und Ruhigen Natur, mischte sie sich nie an Kriegen oder Konflikten ein. Ihr schrieben die alten Griechen zu, die Erfindung der Kunst für den Bau des ersten Hauses.

Ihr galt nicht nur das erste, sondern auch das letzte Opfer bei einer festlichen Versammlung.

Über Kultstätten und Tempel der Hestia ist relativ wenig überliefert. Die Ursache mag sein, dass der Herd eines jeden Hauses und der Herd des Prytaneions, also sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich das jeweilige sakrale Zentrum der Gemeinschaft, der Hestia geweiht waren. Ihr gebührte das erste Opfer. Pausanias vermerkt, dass ihr in Olympia noch vor Zeus geopfert wurde. Platon leitet ihren Namen etwas gewagt von "wahrhaftes Sein", "Wirklichkeit" her und begründet damit, dass ihr als Erste geopfert wird, denn die Essenz des Seins stehe natürlich an erster Stelle. Genau genommen gebührte ihr das erste und das letzte Opfer, was auch damit in Beziehung gesetzt wurde, dass sie die "Erste und die Letzte" war, als erstes der Kinder des Kronos war sie auch als Erste von ihm verschlungen worden, von ihm wieder ausgespien wurde sie aber als Letztes.

Wie ihr Name verrät (hestia = Herd), war sie die Schutzpatronin des Herdes, des Feuers, das in der Mitte eines jeden Hauses brannte. Die Feuerstelle war schon seit der vorgeschichtlichen Zeit zugleich ein Hausaltar, auf dem alle Familienmitglieder der Schutzgöttin Opfer brachten. Im ständig brennenden Feuer war die Anwesenheit der Hestia jeden Augenblick spürbar.

Bei dem Herd und bei dessen Göttin schwur man heilige Eid. Bei Verträgen wurde Hestia vor allen Göttern angerufen. Der Herd war ein Asyl für Schutzflehende und Hestia mit Zeus die Schutzgottheit derselben. Naturgemäß wurde die Schutzgöttin des Hauses auch Beschützerin jeder staatlichen Vereinigung. Deshalb war in den griechischen Staaten das Prytaneion der Hestia geweiht, und sie hatte dort einen Altar, auf dem ihr zu Ehren ein ewiges Feuer unterhalten wurde. Von diesem Altar nahmen die in die Ferne ziehenden Kolonisten Feuer mit für den Herd ihrer künftigen Niederlassung.

Apollo bettelt wieder einmal, diesmal knieend, um die Hand Hestias. Vergebens, sie bleibt sich treu.
Hestia in ihrem Zuhause. Oft hütete sie auch die spielenden Kinder anderer Göttinnen und Götter.
Beim Wolle aufwickeln: Ein kleiner "Teufel" macht seinen jüngeren Spielkameraden erschrecken.
Hestia und ihre Priesterinnen gehörten einem göttlichen Orden heiliger Frauen an.

Vesta, die römische Göttin, war mit der griechischen Hestia identisch. Ihre Priesterinnen gehörten einem uralten Orden heiliger Frauen an, die die öffentliche Feuerstelle und den Altar hüteten. Sie betreuten das ewige Feuer, das "mystische Herz" des römischen Reiches. Die Vestalinnen waren Virgines (Jungfrauen), d.h. dass sie gelobt hatten, als Bräute des römischen Geistes, niemals zu heiraten. Die zukünftigen Vestalinnen wurden schon in frühen Jahren in den Tempel gebracht und für gewöhnlich waren sie nicht älter als 6 Jahre. Genauso verhielt es sich auch mit Hestia, über die viel zu wenig bekannt ist.

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